Nachwirkungen Österreich-Ungarns in die heutige Zeit

In den ersten Jahrzehnten nach dem Ende des von Kritikern häufig als solchen bezeichneten „Völkerkerkers“ der k. u. k. Monarchie sahen die Sukzessorstaaten ihre gemeinsame Geschichte vor 1918 vor allem unter dem Aspekt der Verhinderung der Selbstbestimmung der Nationalitäten. Spätestens seit dem EU-Beitritt der meisten Nachfolgestaaten lässt sich wieder unbefangen über die unstrittigen positiven Seiten des früheren gemeinsamen Staates sprechen: das große gemeinsame Wirtschaftsgebiet, die Personenfreizügigkeit, die staatsbürgerlichen Rechte und die schrittweise politische Emanzipation der ärmeren Bevölkerungsschichten. Nach vier Jahrzehnten kommunistischer Diktatur in jenen Staaten außer der Republik Österreich wurden diese Errungenschaften anders bewertet als zuvor.

In den Nachfolgestaaten der Doppelmonarchie wird bis heute weitestgehend das schon 1918 gegebene Eisenbahnnetz betrieben. Überall sind noch öffentliche Gebäude (vom Theater bis zum Bahnhof) im typischen Baustil der Zeit vor 1918 erhalten. In der Wissenschafts- und Kulturgeschichte ist das Erbe der Monarchie unübersehbar. Beobachter tendieren dazu, auf ähnliche Mentalität, ähnliche Küche, ähnliche Lebensart und ähnliche Kultur in den früheren Kronländern hinzuweisen, doch mischen sich solche Beobachtungen gelegentlich mit subjektiver Nostalgie.

Kritiker der österreichischen Außenpolitik bemängeln, dass die Zusammenarbeit mit den österreichischen Nachbarstaaten im Norden, Osten und Südosten seit 1989 keine wesentliche Rolle gespielt habe. Dem stehen sehr beträchtliche Investitionen österreichischer Unternehmen in diesen Nachbarländern gegenüber. Außerdem existieren auch innerhalb der Europäischen Union besonders intensivierte Kooperationen zwischen Ländern auf dem Gebiet der ehemaligen Monarchie. So streben die so genannten Visegrád-Staaten schon seit 1991 nach stärkerer politischer und wirtschaftlicher Kooperation untereinander.

Als Folge der beiden Weltkriege und des anschließenden Kalten Krieges sind mehrere Millionen Angehörige deutschsprachiger, ehemals österreichisch-ungarischer Familien als Flüchtlinge, Heimatvertriebene und Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland gelangt, wo sie seither mit ihren Nachkommen ansässig sind und sich größtenteils der jeweiligen regionalen Mehrheitsbevölkerung assimiliert haben. Der Anteil dieser Familien, der in Westdeutschland Aufnahme fand, ist weitaus größer als der in Österreich sesshaft gewordene Teil, obwohl auch nach dem Zerfall der Monarchie die Republik Österreich – und hier insbesondere die Stadt Wien – seit jeher häufig als kulturelles Zentrum der deutschsprachigen Altösterreicher angesehen wurde. Weitere Familien sind in andere Länder wie die USA, Kanada, Israel oder Australien ausgewandert.