Etwa 85% der Bundesbürger gehören einer der christlichen Glaubensgemeinschaften an. In Deutschland gibt es keine Staatsreligion und das Grundgesetz garantiert Religionsfreiheit. Die 20 christlichen und sieben nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften regeln ihre internen Angelegenheiten unabhängig vom Staat.
Die Tätigkeitsfelder von Kirche und Staat überschneiden und ergänzen sich teilweise. Zum Beispiel nehmen die Glaubensgemeinschaften Stellung zu Problemen der Bildungs- und Kulturpolitik und zu Fragen der Ethik. Die evangelische und die katholische Kirche und einige kleinere Glaubensgemeinschaften haben sogar das Recht, von ihren Mitgliedern eine "Kirchensteuer" zu erheben. Dieser Betrag wird wie die übrigen Steuern direkt vom Arbeitslohn abgezogen.
Die Bevölkerung der Bundesrepublik ist überwiegend katholisch oder evangelisch. 1988 lebten in der Bundesrepublik Deutschland etwa 25,6 Mio. Katholiken. Das entspricht 43% der Gesamtbevölkerung. Die evangelische Kirche in der Bundesrepublik hatte im selben Jahr ungefähr 25,3 Mio. Mitglieder (42%).
Die Mitglieder der beiden großen Konfessionen verteilen sich geographisch sehr unterschiedlich. Im Süden der Bundesrepublik Deutschland ist die Anzahl der Katholiken überdurchschnittlich hoch. In den nördlichen und östlichen Bundesländern sind mehr Menschen evangelisch. Die Kirchen in der ehemaligen DDR haben eine entscheidende Rolle bei den Protestbewegungen gegen das alte Regime gespielt.
Die anderen christlichen Glaubensgemeinschaften haben im Vergleich zur evangelischen und katholischen Kirche nur wenig Mitglieder.
In den Großstädten Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg und München befinden sich die traditionellen Zentren der jüdischen Religionsgemeinschaft. In den alten Bundesländern leben 28 000 Bürger mit jüdischem Glauben. Es gibt 64 jüdische Gemeinden in 14 Landesverbänden. Sie werden von 13 Rabbinern betreut.
Viele Ausländer, die heute in Deutschland leben, gehören nichtchristlichen Religionen an. Dadurch sind hier Religionsgemeinschaften gewachsen, die vor zwei Jahrzehnten noch nicht existierten oder sehr klein waren.
So hat sich der Islam mit 1,75 Mio. Gläubigen zur zweitgrößten nichtchristlichen Glaubensgemeinschaft in der Bundesrepublik entwickelt.
Das ist Fritz. Schon kurz nach seiner Geburt wurde er durch die Taufe in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen. Im Alter von 13 Jahren wird Fritz zusammen mit anderen evangelischen Jugendlichen konfirmiert. Die Konfirmation ist die Bestätigung seiner Mitgliedschaft in der Kirche. Sein katholischer Freund Walther ging bereits mit zehn Jahren zur Kommunion.
Die Taufe und die Konfirmation bzw. die Kommunion sind Anlaß für ein Familienfest. Dazu werden auch die Verwandten und Freunde eingeladen.
Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurde anstelle von Konfirmation und Kommunion von vielen jungen Leuten die nichtkirchliche "Jugendweihe" gefeiert. Durch sie wurde man in die sozialistische Gemeinschaft" aufgenommen.
Das sind Claudia und Hans. Heute ist ihre Hochzeit. Am Vormittag waren sie auf dem Standesamt. Das ist die Behörde, bei der Geburten. Eheschließungen oder Ehescheidungen und Todesfälle registriert werden. Anschließend lässt sich dieses Brautpaar noch von einem Pfarrer in der Kirche trauen.
Die Anziehungskraft der christlichen Religionen in der Bundesrepublik Deutschland hat in den letzten Jahren nachgelassen. Nur etwa die Hälfte aller Ehepaare lassen sich auch kirchlich trauen. Nicht mehr alle Eltern lassen ihre Kinder taufen, zur Kommunion bzw. Konfirmation gehen. An den religiösen Feiertagen (z.B. zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten) sind die Kirchen allerdings gut besucht.
'Hier ruht in Frieden" steht auf vielen Grabsteinen eines Friedhofs. Hier werden die Toten beigesetzt, d.h. in einem Sarg oder einer Urne in der Erde begraben. Viele Familien informieren die Öffentlichkeit über den Tod eines Angehörigen mit einer Todesanzeige in der Zeitung.
Vorlesung 7