Entlehnungsepochen und Sprachbewegung

Entlehnungsepochen und Sprachbewegung. Die verschiedenen Entlehnungsepochen sind oft einseitig beschrieben worden, also von der Geschichte einer Nationalsprache aus. Dabei sind die zu registrierenden Fremdwort- bzw Entlehnungsepochen weitgehend als europäische Sprachbewegungen zu deuten das gilt für das lateinische Mittelalter, für das Bildungsstreben des Humanismus klassisches Latein und Griechisch, für das Kulturprogramm des 17.und 18. Jahrhunderts Französisch und für die Zeit nach 1945 Englisch,Amerikanisch. Die nationale Sprachgeschichtsschreibung hat diese europäischen Entlehnungsvorgänge bislang fast ausschliesslich als einzelschprachliche Ereignisse beschrieben und sie bisweilen als nationalsprachliche Katastrophen interpretiert. In der Schweise nationalsprachlicher Sorgen und Bemühungen scheint diese Einstellung verständlich zu sein im Zeitalter europaeischer Zielsetzungen ist sie politisch wie sprachlich zumindest zweifelhaft. Im Hinblick auf die Tendenz der Anglisierung und Amerikanisierung der Gegenwartssprache sollte man gerechterweise von einer europäischen Sprachbewegung sprechen diese Tendenz wird sogar in einigen Ostblockstaaten registriert. Einzelsprachliche Analysen führen zu Perspektivenverengungen und Verzerrungen. Vergleichende Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass beispielweise die Fremdwortübernahme in anderen Sprachgemeinschaften grosszügiger als in Deutschland abläuft. In vielen europäischen Sprachen kommen nicht geringe Lehnwortbestände vor. Diese Wortbestände beruhen nicht auf Zufälligkeiten, sondern sie sind Ergebnisse von übernationalen Prozessen mit politischen, kulturellen, ökonomischen usw. Voraussetzungen. In einzelsprachlicher Betrachtung mögen sie vielfach als störend oder als schädlich erscheinen bei sprachvergleichender Wahrnehmung stösst man hingegen auf Sprachinseln mit übernationalen Gemeinsamkeiten. Diese sprachlichen Gemeinsamkeiten in Wortschätzen verschiedener Sprachen werden mit dem Begriff des Internationalismus erfasst. Für das Zustandekommen von Internationalismen in der deutschen Sprache lassen sich viele Gründen nennen diese sind u.a. indoeuropäische Sprachverwandtschaft wechselseitige Entlehnungen aus den drei oder anderen Sprachen Entlehnungen aus nichteuropäischen Sprachen Sprachkonventionen in übernationalen Institutionen Kirchen,Verbände Sprachregelungen in internationalen Fachsprachen Informationsaustausch durch internationale Nachrichtenagenturen.

Obwohl die europäischen Sprachen sich- genetisch gesehen -immer mehr von den gemeinsamen Ursprungssprachen entfernt haben, verraten die Wortbestände der Internationalismen Tendenzen der Gemeinsamkeit und der gegenseitigen Annäherungen, vor allem auf der Ebene des Wortschatzes.

Es wurden folgende Hypothesen weitgehend bestätigt 1. Je vertrauter der Sachbereich, desto geringer die Schwierigkeiten beim Umgang mit Fremdwörtern 2. Je fremder der Sachbereich, desto grösser die Schwierigkeiten beim Umgang mit Fremdwörtern Lobby , Plenum . 3. Je fremder der Sachbereich, desto grösser die Schwierigkeiten beim Umgang mit deutschen Wörtern. 4. Je stärker die Satzeinbettung, desto geringer die Schwierigkeiten beim Umgang mit Fremdwörtern. 5. Je geringer die Satzeinbettung, desto grösser die Schwierigkeiten beim Umgang mit Fremdwörtern. 6. Je geringer die Satzeinbettung, desto grösser die Schwierigkeiten beim Umgang mit deutschen Wörtern.

Oben war von den historischen, kulturellen und oekonomischen Ursachen für sprachliche Entlehnungen die Rede. Diese aussersprachlichen Ursachen bleiben zweifelsohne die wichtigsten Voraussetzungen und gehören zum festen Bestand der Fremdwortdiskussion. Darüber hinaus muss es allerdings noch andere Gründe dafür geben, dass beispielweise englische Lehnwörter für viele Sprachen Europas annehmbar waren. Die aussersprachlichen Begründungen allein geben keine hinreichende Erklärung dafuer, dass Lehnwörter aus der englischen Sprache in europaeischen Wörterbüchern so überwichtig vertreten sind. Gemessen an aussersprachlichen Faktoren wie Geschichte, Politik, Kultur- und Geistesgeschichte usw erscheint die deutsche Sprache dann deutlich unterrepräsentiert. Eine andere Rechnung, die nicht aufgeht Der deutsche Sprachraum hat eine geographisch guenstige Lage mit sprachlichen Kontaktgrenzen in einer Laenge von 4850 km und mit einer Nachbarschaft zu 14 anderen Sprachen. Kontaktgrenzen und Nachbarschaften sind aber gleichbedeutend mit Möglichkeiten der Einflussnahme und des Beeinflusswerdens. Zu wenig berüksichtigt wird die im europäischen Sinne günstige morphologische Struktur des englischen Wortschatzes. Gemeint sind vor allem Merkmale und Relationen, die durch den Mischsprachencharakter des Englischen bedingt sind. Hinsichtlich der Verwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten von internationalen Wortschätzen lassen sich folgende Thesen formulieren Gleiche Wortschätze können Alltagskommunikation zwischen Menschen verschiedener Herkunftssprachen erleichtern haben im Hinblick auf Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachenunterricht einen multiplizierten Gebrauchswert geben Aufschluss über geschichtliche und kulturelle Kontaktvorgänge zwischen verschiedenen Völkern können als Wortschätze einer möglichen europäischen Integration interpretiert werden leisten einen wichtigen Beitrag zur Differenzierung der Fremdwortdiskussion.

Im gesamt Bereich der gleichen Wortschätze zeichnen sich -grob skizziert -drei Gebrauchsfelder ab 1. Das Gebrauchsfeld des alltagsprachlichen Verkehrs mit Wörtern des täglichen Umgangs und Bedarfs z. B.Ball ball Telefon telephone usw. 2. Das Gebrauchsfeld der sog. Verfügungswortschätze, die man als Kernwortschätze wichtiger Sach-und Fachbereiche bezeichnen kann. z. B.Orient orient Service service u.a. Die Verfügungswörter fallen in der Statistik nicht besonders ins Gewicht, sie sind aber unabdingbar für die sprachliche Bewältigung wichtiger Sach - und Fachfragen. 3. Das Gebrauchsfeld der Fachwörter verschiedenster Fachsprachen nach dem Verständnis mehrere Forschungsansätze kann man es in die Teilfelder der Theoriesprache, der fachlichen Umgangssprache und der Verteilersprache aufgliedern. 2.