Einige Tendenzen zur Anglisierung im Deutschen

Einige Tendenzen zur Anglisierung im Deutschen. Da ist einmal die Flut neuer Sachbezeichnungen auf Grund der rasanten Entwicklung der Technologien und einer unvorstellbaren Ausweitung des natur- wissenschaftlichen Wissens.

Um den allgemeinen Wortschatz selbst des gebildeten Menschen gruppiert sich eine Vielzahl von Fachsprachen, deren Wortschatz kein einzelner Mensch mehr beherrscht.

Neben den Fachsprachen und der Popularisierung einer Anzahl ihrer Ausdrücke auch für den Allgemeinwortschatz führt die immer stärkere Hinwendung der Gesellschaft zur aktuellen und kurzlebigen journalistischen Information auch zur ständigen Aufnahme von Ausdrücken, die von Politikern und Journalisten neu geprägt werden.

Der vielleicht charakteristischste Zug des gegenwärtigen Wortschatzes ist der alle Sprachebenen betreffende Zustrom anglo-amerikanischer Ausdrücke Nach 1918 und 1945 war eine wichtige Ursache sicherlich die psychologische und gesellschaftliche Anpassung der Besiegten an die Sieger.

Aber daneben sind noch andere Faktoren wirksam, wie der Einfluss des Englischen bzw. des Anglo-Amerikanischen auch auf andere Sprachen zeigt.

Es war und ist die Attraktion, die von einem bestimmten Lebensstil, von dem mit ihm verbundenen Zeitgeist und von einer speziellen Unterhaltungs- und Jugendkultur ausgeht.

Aber es sind - nicht zuletzt - auch bestimmte Vorzüge der englischen Sprache, die in Kombination mit dem geltenden Lebensstil und Zeitgeist ihre Wirksamkeit entfalten können.

Ein zweifellos begünstigender Faktor für die Dominanz des Englischen ist schliesslich noch die Rolle Amerikas als Weltmacht. Das amerikanische Vorbild heim Lebensstil führte schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg zur Übernahme von Ausdrücken wie Bikini , Make-up , Music-Box , Playboy , Sex , Teenager. Es sind griffigere Wörter als die entsprechenden Ausdrücke, die man im Deutschen dafür bilden könnte.

So klingt zweiteiliger Badeanzug bieder und schwerfällig, verglichen mit Bikini. Den Playboy mit reicher Lebemann wiederzugeben, trifft den Bedeutungsgehalt zuwenig. Das Wort Sex, das auch beliebig für Zusammensetzungen verwendbar ist, müsste im Deutschen immer irgendwie mit Geschlechts- oder geschlechtlich ausgedrückt werden, was reichlich unattraktiv und schwerfällig klingt.

Der Teenager als Ausdruck für die 12- bis 19jährigen hat im Deutschen überhaupt keine Entsprechung So blieben nur die farblosen Amtsausdrücke Jugendlicher bzw. Heranwachsender. Neben der Griffigkeit und Lockerheit haben viele moderne englische Lehnwörter gegenüber möglichen oder tatsächlichen deutschen Entsprechungen den Vorzug der Kürze. Zum Beispiel Hobby statt Lieblingsbeschäftigung , Fan statt Anhänger , Verehrer oder Shorts statt kurze Hose. Viele der griffig-lockeren englischen Ausdrücke sind einsilbig Box , Boy, cool , Gag , Jazz , Jeep , Job , Quiz, smart , Team , Test , Trend, was gerade für eine Sprache von Vorteil ist, die, wie das Deutsche, gern neue Ausdrücke durch Zusammensetzung aus schon vorhandenen Wörtern bildet. Stark vertreten sind daneben Ausdrücke aus dem Freizeitbereich wie surfen oder joggen. Peter Braun Tendenzen in der deutschen Gegenwartssprache 1993 105 S. Ein Fahrrad, das sich wegen seiner Bauart und der vielen Gänge für das Gelände- und Bergauffahren eignet, ist ein Mountain Bike. Da dann auch sein Gegenstück, das Fahrrad für die Stadt, einen Namen braucht, gibt es logischerweise auch das City Bike. Obwohl grüne Politik in Deutschland früher einsetzte als in den USA, sagen die Deutschen doch häufig recyceln statt wiederverwerten. Ebenso stark vom Englischen geprägt ist die Sprache des Wirtschaftslebens.

Der Top-Manager einer High-Tech -Firma sponsert aus Image -Gründen Sportler, oder er versucht ein Product Placement in einer Fernsehsendung zu erreichen.

Es geht ihm um Corporate Identity in seiner Firma, auch wenn er sie vielleicht in ein Joint Venture einbringt.

Seine leitenden Mitarbeiter gehen mit ihrem Laptop auf Reisen, auf dem Airport oder im Hotel checken sie ein bzw. aus, und auch sonst wird vieles ge- checkt oder auch mal ein Gesundheits- check-up gemacht.

Die Aufzählung liesse sich noch lange fortsetzen, sind doch allein seit 1945 über 3000 Anglizismen im Deutschen heimisch geworden.

Anglizismen, wie den oben aufgeführten einsilbigen Ausdrücken, werden auch ein Liebhaber der deutschen Sprache zugestehen, dass sie einen leichteren, flotteren sprachlichen Ausdruck ermöglichen, gerade wegen ihrer vielfältigen Verwendbarkeit für Zusammensetzungen.

Aber die Verwendung vieler Anglizismen in Fällen, in denen vorhandene oder denkbare deutsche Ausdrücke genauso gut wären zum Beispiel joggen, recyceln, sponsern , Ticket zeigt, dass es hier weniger um das griffige Wort noch um den klassischen Fall der Übernahme von Sachen mit ihrem Namen geht, sondern um den Versuch, ein bestimmtes, als modern empfundenes Image zu vermitteln.

Es ist der amerikanische life style, der in Deutschland kopiert wird. Deshalb wäre es auch aussichtslos, mit den Mitteln des Sprachpurismus dagegen ankommen zu wollen.

Wer die Anglisierung verhindern wollte, müsste auch den deutschen Lebensstil soweit verändern, dass er als gleich attraktiv empfunden wird. Aber Besteht bei einer kampflosen Hinnahme dieses starken anglo-amerikanischen Einflusses auf den deutschen Wortschatz nicht die Gefahr, dass die deutsche Sprache schliesslich ein Anglo-Deutsch wird? Die Antwort fällt nicht leicht.

Aber es fragt sich, ob ein Sich-Sperren gegen ein Vokabular, das nur der Herkunft nach englisch, in Wahrheit aber eher international ist, nicht provinziell wäre und die Deutschen und ihre Sprache iso1ieren würde. Wie wenig Erfolg solchen Bemühungen beschieden ist, zeigt der Versuch Frankreichs, sogar mit staatlicher Sprachlenkung gegen das Franglais anzugehen.

Das Englische hat zu früheren Zeiten, als es noch nicht die internationale Ausstrahlung von heute besass, solche Barrieren nie aufgerichtet.

Dieser Offenheit gegenüber anderen Sprachen verdankt es sein kosmopolitisches Vokabular.

Vielleicht könnte man auf die gedankenlose Übernahme des einen oder anderen englischen Ausdrucks verzichten, wenn ein gleichwertiger deutscher Ausdruck schon vorhanden ist zum Beispiel wiederverwenden statt recyceln. Es ist nicht eine solche Wortschatzerweiterung, sondern etwas anderes, was die deutsche Sprache bedroht ihre Preisgabe zugunsten des Englischen, ihre Nichtverwendung in immer mehr Kommunikationsbereichen, vor allem als Sprache der Wissenschaft und des geistigen Austauschs.

Eine lebende Sprache und ihr Wortschatz sind durchaus einem Organismus vergleichbar, der nur dann leistungsfähig bleibt, wenn alle seine Funktionen regelmässig genutzt werden.

Auch die Anpassungsleistungen, die ein Organismus vollbringt, wenn er auf neue Gegebenheiten reagiert, müssen ihm abgefordert werden.

Sonst kommt es zu Degenerationserscheinungen und zum Absterben bestimmter Funktionen.

Ist aber dieses Stadium erst einmal eingetreten, besteht die Gefahr, dass auch andere Funktionsbereiche betroffen werden. Viele Lehnwörter decken natürlich einen Bedarf, andere sind wiederum Luxuslehnwörter, die aus Prestigegründen entlehnt werden Hierbei werden manchmal einheimische Wörter verdrängt, aber oft tritt auch eine Bedeutungsdifferenzierung ein, indem das entlehnte Wort z. B. eine speziellere Bedeutung erhält als das deutsche H-D Fischer Einfhrung in die deutsche Sprachwissenschaft 1992 87 S. Drink alkoholisches, bes. Mix- Getränk Hit besonders erfolgreicher Schlager Job meist vorübergehende Arbeit Meeting politische, wissenschaftliche oder sportliche Zusammenkunft Die englischen Wörter können mit deutschen Kompositionsgliedern und Ableitungsmorphemen verbunden werden Milch-Shake, Käsetoast, Reiseboom, Raumdesigner Dispatcherdienst DDR , Livesendung, Round-Table-Konferenz foulen, trampen, restbar, Managertum.

Die Gründe für die grosse Flut der Entlehnungen sind aussersprachlicher Natur die politische Vormachtstellung der Vereinigten Staaten nach dem 2. Weltkrieg, bes. in der Bundesrepublik westliche Bündnispolitik Internationalisierung auf wirtschaftlichem, kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet.

Fachsprachen mit stark anglisierter Terminologie sind u.a. Luftfahrt Cockpit, Clipper, Turbojer Datenverarbeitung Chip, Plotter, Diskette, Software Psychologie und Soziologie Sensitivity-Training, Ilern, In-Group Werbefachsprache Visualizer, Self-Liquidator Einen systematischen Sprachpurismus gibt es aber heute nicht mehr. Die Haltung dem Fremdwort gegenüber ist liberaler geworden.

Für die Sprachpflege von heute ist die Frage in erster Linie sprachsoziologischer Natur In den Fachsprachen brauchen wir die internationale Terminologie In der Allgemeinsprache aber sollten Fremdwörter in den Fällen vermieden werden, wo sie der Leser oder Hörer nicht ohne weiteres versteht.

Es wird also vor einem Prestigegebrauch überflüssiger Fremdwörter gewarnt, der soziale Unterschiede noch unterstreicht und ausserdem zu kommunikativen Störungen führen kann. In der DDR wurde zunächst versucht, die Flut der Amerikanismen und Anglizismen einzudämmen. In manchen Kommunikationsbereichen sind sie jedoch in der DDR ebenso auffallig wie in den anderen deutschsprachigen Ländern.

Neben den Internationalismen der Fachsprachen sind die Angloamerikanismen hauptsächlich in Texten über Fernsehen, Film, Freizeit, Sport und Mode zu finden Feature, Show, Fan. Camping.

Rallye, Make-up. In der Sprache der Jugendlichen ist die Fremdwort-frequenz höher, und Angloamerikanismen erscheinen hier auch als Modewörter Hit Disko Diskothek . das popt das ist hervorragend. Darüber hinaus gibt es einige auf die DDR beschränkte Fremdwörter, die nicht seilen durch das Russische vermittelt wurden Dispatcher Ingenieur, der die Produktion des Betriebes lenkt , Kombine land-wirtschaftliche Maschine. Charakteristisch ist schliesslich auch der Fremdwortgebrauch in politischer Absicht, um in politisch-ideologischer Abgrenzung Verhältnisse der westlichen Welt zu bezeichnen. In diesen Fällen sollen manchmal negative Begleitvorstellungen erweckt werden Vietnam-Killer, Luftgangster, High Society, Kongress-Lobby, Manager, Gewerkschaftsboss.

Man unterscheidet zwischen alten und neuen Anglizismen und trennt diese beiden Kategorien durch das Jahr 1945.Behandelt werden im allgemeinen nur nach 1945 ins Deutsche entlehnte Anglizismen.

Das Kriegsende im Jahre 1945 ist sicher nicht nur ein wichtiges Datum in der politischen Entwicklung der deutschsprachigen Länder, sondern auch in ihrer Sprache. Dennoch kann dieser Zeitpunkt nicht absolut gesetzt werden, sondern ist mit dem Vorbehalt zu versehen, dass vor 1945 begonnene sprachliche Entwicklungen nicht in diesem Jahr zu einem jähen Ende kamen und dass die englischen Einflüsse auf die deutsche Sprache nicht nach diesem Jahr ein absoluter Neubeginn waren.

Trotzdem kann man wohl sagen, dass der grosse Schub deutscher Entlehnungen aus dem Englischen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erlolgte.

Vor 1945 entlehnte Anglizismen wie Boot, Import, Export, Ballade, Parlament scalpieren, importieren sentimental, bombastisch usw voll ins Deutsche integriert worden sind und als deutsche Wörter gelten können.

Sie unterscheiden sich in Schreibung, Lautung und Flexion nicht von deutschen Substantiven, Adjektiven, Verben etc. und sind vom Nicht-Fachmann nicht mehr als nicht-deutschen Ursprungs erkennbar Eine Schwierigkeit liegt nun aber darin begründet, dass es auch nach 1945 entlehnte englische Wörter gibt, die sich ebenso wie die vor 1945 übernommenen in jeder Hinsicht wie deutsche Wörter verhalten, z. B. Hit, Pop, Sex. Die zweite Schwierigkeit ist in der Tatsache zu sehen, dass es vor 1945 entlehnte Anglizismen gibt, die auch nach 1945 noch produktiv waren, d.h. ihre Bedeutung veränderten, erweiterten, die in neuen Kollokationen auftraten, die vor 1945 in ihrer Verwendung vorhandene Beschränkungen aufgaben oder anderen Veränderungen unterlagen. Einige Beispiele zeigen diesen Prozess Bar ist bereits bei Sanders 1871 gebucht, hat seine Bedeutung im Deutschen aber seither verändert und bezeichnet heute nicht mehr nur den Schanktisch und das kleine Lokal, sondern etwa in Milchbar ein kleines Lokal, in dem man nicht-alkoholische Getränke zu sich nehmen kann, in Schuhbar einen Stand, an dem Schuhe repariert werden Cocktail ist heute nicht mehr auf alkoholische Mischgetränke beschränkt, sondern kann auch allgemein Mischung bedeuten Krabben Frucht Film-cocktail etc. Molotow-Cocktail. Einen Pudding an die Wand nageln ist ein sehr neuer Phraseologismus, enthält aber den alten Anglizismus Pudding, der heute auch in Komposita wie Auto-Pudding vorkommt und nicht mehr nur Süssspeise bedeutet.

Film ist ein alter Anglizismus im Deutschen, aber die Bedeutung dünne Schicht auf der Oberfläche von etw. und die Wendungen ihm ist der Film gerissen und jugendsprachlich er filmt es nicht sind nach 1945 entstanden. 4.Fachsprachen Es werden hier Anglizismen behandelt, die man auch als fachsprachliche Wörter bezeichnen könnte. Es handelt sich um Wörter, die in den das Korpus bildenden Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen etc.vorkommen, so dass - rein theoretisch - davon ausgegangen werden kann, dass sie dem Leser der Zeitung, Zeitschrift etc. bekannt sind und sogar von diesem Leser selbst verwendet werden könnten. Schon die verschiedenen Sparten und Rubriken einer Zeitung, Zeitschrift etc. wie Politik, Wirtschaft, Feuilleton, Sport etc. zeigen an, dass Pressepublikationen auch fachsprachliches Vokabular enthalten.

Der Leser einer solchen Publikation wird sich zwar nicht für alle Bereiche, die in einer Zeitung behandelt werden, interessieren und den verschiedenen Bereichen unterschiedliches Interesse entgegenbringen.

Dennoch sollten die Printmedien oder die elektronischen Medien nicht zu viele fachsprachliche Begriffe enthalten, da sich Probleme bezüglich der Verständlichkeit ergeben könnten.

Daher werden in den Medien bei neuen oder schwer verständlichen fachsprachlichen Begriffen dem Leser, Seher oder Hörer häufig Erklärungen geliefert.

Besondere Aufmerksamkeit wird den Anglizismen geschenkt, die in Bereichen vorkommen, die zum Lebensstil des modernen Menschen gehören wie etwa die Freizeitindustrie, die Unterhaltungselektronik, der Sport etc. Mit anderen Worten Der fachsprachliche Wortschatz der modernen Touristik wird eher berücksichtigt als der in der Astronomie vorkommende. Wenn ein Anglizismus im fachsprachlichen Wortschatz der im Korpus zusammengestellten Quellen, nicht-fachsprachlichen Publikationen, häufiger vorkommt, kann wohl davon ausgegangen werden, dass er zum Vokabular der Standardsprache gehört oder auf dem Wege dahin ist. Joint venture ist ein aktuelles Beispiel.

Dennoch gibt es auch hier problematische Erscheinungen Ein spezielles Problem ergibt sich beim Anzeigenteil von Tageszeitungen.

Er wurde ebenso wie die Anzeigen in Zeitschriften, Magazinen, Illustrierten etc. im Korpus berücksichtigt, da auch hier die Annahme gilt, dass eine Annonce, Werbetexte.

Reklame etc. nach Möglichkeit jeden Leser erreichen muss, d.h. keine Wörter enthalten darf, die im standardsprachlichen Vokabular nicht bekannt sind. Dafür gibt es Ausnahmen in der Werbesprache, die gelegentlich von der standardsprachlichen Norm abweicht, um die Aufmerksamkeit des Lesers zu erregen.

Ein besonderes Problem ergab sich bei aus dem Englischen stammenden Berufsbezeichnungen wie Art-Director, Layouter, Sales Manager, Visualizer etc die primär in Stellenanzeigen vorkommen, aber vornehmlich oder nur Interessenten bekannt sein dürften, die selbst in der jeweiligen Branche tätig sind. Solche Berufsbezeichnungen könnte man daher als fachsprachlich bezeichnen. 5.