Phonemvarianten

Die Phoneme als solche realisieren sich in der Rede in Form von ihren Varianten. Die Vertreter der Leningrader ph.Sch. nennen sie Schattierungen, die der Glossematik - Allophone, und die der Moskauer ph. Schule unterscheiden Varianten und Variationen. Unter den Variationen werden solche Realisationen des Phonems verstanden, die nie mit Realisationen anderer Phoneme zusammenfallen. Die Varianten dagegen sind solche Realisationen des Phonems, die mit Realisationen eines anderen oder mehrerer Phoneme zusammenfallen können. Abgesehen von all diesen Feinheiten bei der Deutung der Phonemvarianten werden im allgemeinen in der Phonetik folgende Arten von Varianten ausgesondert:

- obligatorische (stellungsbedingte und kombinatorische);

- fakultative;

- individuelle.

Die obligatorischen Varianten eines Phonems sind durch ihre Stellung im Redestrom bedingt, daher nennt man sie stellungsbedingte oder positionsgebundene Varianten, vgl. /g/ und /k/ in den Wortformen "sage"; "sagt" oder /t/ mit Aspiration und /t/ ohne Aspiration in den Wörtern "Tasche" und "stehen" oder das konsonantische -R- und das vokalisierte -R- in den Wörtern "werden" und "rot". Dabei unterscheidet man Hauptvarianten und Stellungsvarianten. Die Hauptvarianten sind solche Realisationen, bei denen all die artikulatorisch-akustischen Merkmale des betreffenden Phonems beibehalten werden. Bei den Stellungsvarianten geht ein Teil dieser Merkmale verloren.

Die fakultativen Varianten des Phonems lassen ihre freie Wahl zu, z.B. das Zungenspitzen-R, das Zäpfchen-R und das Engereibe-R.

Die individuellen Varianten sind in der Regel einem Individuum eigen und stehen zur Sprachnorm im Widerspruch, z.B. Lispeln bei der Aussprache der Laute /s, z/ oder das palatalisierte -Sch- in allen Positionen.

8. Positionen des Phonems

Unter der Position des Phonems versteht man seine Stellung in der Lautstruktur eines Wortes oder eines Morphems auf syntagmatischer Ebene.

Man unterscheidet initiale, mediale und finale Stellung eines Phonems, vgl.: Magen.

In der deutschen Sprache bildet ein Vokalphonem immer einen Phonemkern, der in der Regel von Phonemrändern (von dem linken und rechten Phonemrand) umgeben ist, vgl. "Fuß". Man unterscheidet den absoluten und gedeckten Anlaut/Auslaut, vgl. "Brand". Man unterscheidet auch den intervokalischen Inlaut, vgl. "Ma-g-en". Außerdem kann man starke und schwache Positionen der Phoneme unterscheiden. In der starken Position behält das Phonem alle seine charakteristischen Züge bei. Die starke Position für die deutschen Konsonantenphoneme sind der Anlaut und der intervokalische Inlaut. Die schwache Position für die deutschen Konsonantenphoneme ist der Auslaut. Die starke Position für die deutschen Vokale ist ihre Stellung in einer betonten Silbe und die schwache Position - in einer unbetonten Silbe.

Eine Abart der schwachen Position ist die Position der Neutralisierung, in der das betreffende Phonem mit einem oder mehreren anderen Phonemen zusammenfällt. In diesem Fall geht es um das sgn. Archiphonem (Prager phonologische Schule) oder um das Hyperphonem (Moskauer phonologische Schule) oder das "schwache Phonem" im Unterschied zum starken Phonem (R.I.Awanessow). Streng gesagt, gibt es starke und schwache Positionen nicht für Phoneme, sondern für ihre ph.w.Merkmale.