Begriff des Systems. Laut- und Phonemsystem, phonologisches System

Unter dem System versteht man in der Sprachwissenschaft eine Gesamtheit von Sprachelementen, die miteinander durch ständige Beziehungen verbunden sind. Dementsprechend kann man das Lautsystem einer Sprache als eine Gesamtheit von Lauttypen - Hauptvarianten, Stellungsvarianten und freien Varianten betrachten, die in bestimmten Beziehungen zueinander stehen. Das Phonemsystem erfaßt nur die Phoneme einer Sprache, die zueinander in bestimmten Beziehungen stehen. Zahlenmäßig ist das Phonemsystem viel geringer als das Lautsystem. Um welche Beziehungen geht es im Falle des Lautsystems und des Phonemsystemsß Es geht hierbei darum, daß einzelne Phoneme und Laute aufgrund ihrer artikulatorisch-akustischen Züge sich zu Lautreihen, Lautserien, Teilsystemen und Untersystemen gruppieren lassen. Das phonologische System ist die Gesamtheit von phonologisch-wesentlichen Merkmalen, die dem Phonemsystem einer Sprache zugrundeliegen und die in bestimmten Beziehungen zueinander stehen. Es geht dabei vorwiegend um die Beziehungen, die mit Kompatibilität bzw. Inkompatibilität zusammenhängen. Kompatibel sind z.B. in deutscher Sprache das Merkmal der Verschlußbildung und das der Labialität, vgl. /m,p,b/; inkompatibel sind z.B. das Merkmal der Nasalität und das der Engenbildung.

10. Ordnungsprinzipien des Laut- und Phonemsystems

Das Laut- und Phonemsystem beruht auf zwei Prinzipien: auf dem Prinzip der Symmetrie und auf dem der ökonomie. Das Prinzip der Symmetrie besteht darin, das aufgrund der gemeinsamen ph.w. Merkmale das Phonemsystem in kleinere Gruppen von Phonemen (Teilsysteme, Reihen, Serien) zerfällt, in denen sich die Phoneme einander symmetrisch sind, vgl.:

/b/ /d/ /g/; /p/ /t/ /k/; /m/ /n/ /n/

Das zweite Prinzip, das Prinzip der ökonomie, besteht darin, daß jedes System von Sprachlauten und Sprachphonemen immer eine begrenzte Anzahl von Elementen enthält. Sie schwankt in verschiedenen Sprachen zwischen 10 - 90 Phonemen. Dabei gibt es eine Gesetzmäßigkeit: je weniger ist die Anzahl der Phoneme, desto länger sind die Wörter in der betreffenden Sprache. Die Sprache nützt bei weitem nicht alle theoretisch möglichen Phonemkombinationen. Wäre es der Fall, so gäbe es in der Sprache Millionen von Wörtern. Sonst zählt jede Sprache kaum eine Million Wörter. Im Laufe der Sprachgeschichte verändert sich die Anzahl von Phonemen, phonologisch-wesentlichen Merkmalen viel langsamer als die Anzahl von Wörtern und grammatischen Wortformen.

11. Die innere Gliederung des Phonemsystems

Das Phonemsystem einer konkreten Sprache zerfällt immer in zwei Untersysteme: das Untersystem der Vokalphoneme und das der Konsonantenphoneme. Diese Untersysteme lassen sich ihrerseits in kleinere Gruppierungen - Teilsysteme - gliedern. So zerfällt das Untersystem der Konsonantenphoneme in zwei Teilsysteme ersten Ranges: das Teilsystem der Geräuschphoneme und das der sonoren Phoneme (Sonanten). Diese können in weitere kleinere Teilsysteme eingeteilt werden: in Teilsysteme zweiten Grades. So zerfällt das Teilsystem der Geräuschphoneme in das Teilsystem der Verschlußphoneme und das der Engephoneme. Die Teilsysteme zerfallen ihrerseits in Phonemserien und Phonemreihen. Die Phonemreihe ist eine Gruppierung von Phonemen, die dasselbe lokale ph.w.Merkmal und verschiedene modale ph.w.Merkmale haben, vgl. /m, b, p/. Die Phonemserie ist eine Gruppierung von Phonemen, die ein und dasselbe modale ph.w. Merkmal haben und verschiedene lokale ph.w. Merkmale haben, vgl.: /m, n, n/. Die Vokalphoneme besitzen bekanntlich keine lokalen Merkmale.